Das Kollegium des ptz hat sich wiederholt damit beschäftigt, wie Geschlechtergerechtigkeit einen angemessen Ausdruck in der Sprache finden kann. Sprache bildet Wirklichkeit ab, schafft Realitäten und kann sie auch verändern. Es ist uns wichtig, uns in gesprochener und geschriebener Form um eine gendersensiblere Sprache zu bemühen. Darum lassen wir den binären Schrägstrich (der Schüler/innen) hinter uns. Zukünftig sprechen wir nun von Schüler:innen. Warum? Das soziale und biologische Geschlecht bewegt sich im diversen Geschlechterspektrum zwischen „männlich“ und „weiblich“ (vgl. Gen 1, 26). Dies schließt auch das juristische dritte Geschlecht einschließt. Statt Genderstern (*) haben wir uns für den Doppelpunkt (:) entschieden. Auch er symbolisiert die Geschlechtervielfalt, bietet aber zugleich den Vorteil der barrierefreien Sprachausgabe. Der Text-to-Speech Reader (TTS), den wir in PC-Programmen aktivieren können, liest den Doppelpunkt gemäß internationaler Programmierung mit einer kurzem Stimmunterbrechung: „Schüler[Pause]innen“, so wie es zunehmend in öffentlichen Medien hörbar gesprochen wird. Hingegen wird Schüler*innen vom TTS-Reader als „Schüler–Stern–innen“ ausgegeben. Mit dem Doppelpunkt sind die Probleme längst nicht alle gelöst. Als Kolleg:innen im ptz sind wir uns bewusst, dass manches („en“) verloren geht und der Doppeltpunkt auch Sprachästhetik vermissen lässt. Die beiden Punkte werden wir zurückhaltend einsetzen. Statt von Teilnehmer:innenliste sprechen wir galanter von Teilnahmeliste. In zunehmend digitalisierten, visualisierten und auditiven Medienwelten bietet der Doppelpunkt barrierefreiere Teilhabe trotz Sehbeeinträchtigungen und einen gendersensiblen Hörgenuss der Sprachausgabe, sei es beim Spaziergang, in Verkehrsmitteln oder auf dem Weg zur Fortbildung. Ob der Doppelpunkt der neue „Star“ wird? Wir werden sehen.
2 Gedanken zu “Gendersensibel mit barrierefreiem Doppelpunkt”
Sehr geehrter Herr Dr. Schweiker, lieber Amtsbruder,
als 57-jähriger alter weißer Kollege erlaube ich mir (des Diskutierens müde) eine etwas undifferenzierte Rückmeldung (die muss trotzdem sein!):
Ich finde diese nicht sehr unvorhersehbare und auch längst nicht mehr mutige Entscheidung zum K……
Ich finde sie weder sensibel noch gerecht.
In der Schwäbischen Zeitung war am 15.04. zu lesen, dass bis Ende 2020 ca. 300 Eintragungen des Geschlechtes “Divers” in allen deutschen Standesämtern verzeichnet wurden. Dies sind 0,00043%. Was die Eintragung über das genetische Geschlecht aussagt, ist dabei noch völlig offen. Darüber wird ein Kultur- und Sprachkampf angezettelt, der Millionen Menschen einfach nur nervt und der, wie Sie selber einräumen (“en”, Sprachästhetik usw), einem Geborgensein in der Sprache eben gerade nicht gerecht wird.
Immerhin haben Sie noch im Sinn, sich “galant” auszudrücken – müssen dabei aber dann voraussetzen, dass alle Teilnehmer Ihrer Teilnahmeliste auch brav teilnehmen – sonst wird daraus eine Nicht:teilnahmeliste …
Ich kann nur noch mit dem Kopf schütteln und schulde Ihnen wenigstens die Mitteilung darüber.
Herzlich, aber resigniert
Pfarrer Claudius Kurtz, Ravensburg
Lieber Amtsbruder,
wir haben einen unterschiedlichen Blick auf die Sache. Darum ist es gut, uns auszutauschen und den Blick gegenseitig weiter zu schärfen. Gerecht und gendersensibel ist für mich die Sprache, wenn sie keine Personen(gruppen) privilegiert oder diskriminiert. Dass sich der Genderdoppeltpunkt nur auf 0,00043% der Menschen bezieht ist so nicht richtig. Er bezieht sich vielmehr (seinem Anspruch nach) auf 100%. Zum einen ist das Spektrum der Person, die sich nicht eindeutig heteronorm als männlich oder weiblich verstehen viel größer als diejenigen, die sich in Standesämtern als “divers” eingetragen haben, das wissen Sie auch (vgl. z.B. LSBTTIQ etc.). Zum anderen geht es in der Tat darum, eine patriarchale (Sprach-) Kultur zu verändern. Es muss kein Kulturkampf sein – und ehrlich gesagt habe ich keine Angst, dass in dieser Auseinandersetzung die Mitte verloren geht -, aber ein ernsthaftes Ringen um eine (auch barrierearme) Sprachform, die weder ausschließt noch privilegiert, halte ich im jesuanischen und christlichen Geist geboten. Beste Grüße vom diskussionsfreudigen, ebenfalls 57-jährigen Amtsbruder!